Proportionalität als Werkzeug
Das Verhältnis eines Wertes zu einem anderen Wert. Das scheint im Verhältnis zu unserer Grundfunktion ‚vom Denken in Gegensätzen‘ (Dualität) schon sehr viel komplexer zu sein. Es ist aber wohl die Grundlage wie unsere ökonomische Entscheidungsfindung funktioniert.
Zum Beispiel: Wir werden verfolgt von einem wilden Tier. Wir können uns eventuell retten, wenn wir diese Schlucht überspringen. Wie entscheiden wir? Wir wägen die beiden Faktoren gegeneinander ab: 1. Was passiert wenn wir nicht springen, wir müssen uns dann dem wilden Tier stellen, wie sind die Überlebenschancen? 2. Wenn wir springen: Schaffen wir es auf die andere Seite? Wird uns der Verfolger nachkommen? Wir kommen zum Schluss, dass die eine oder andere Wahl erfolgversprechender ist. Dazu müssen wir die beiden Optionen in ein Verhältnis setzen.
Nun weiter in die Welt in der ich aufgewachsen bin, in der Kapitalismus als selbstverständliche ‚Wahrheit‘ oder nur schon als ‚funktionierend‘ gilt. Hier läuft meiner Meinung nach so einiges falsch auf individueller ökonomischer Ebene: Zum Beispiel arbeiten wir sehr viel in der Schweiz und auch jene die wenig verdienen, verdienen eigentlich zu viel zum einfach nur leben. Neben einer Wohnung und den notwendigen Lebensmittel und einer Krankenkasse können sich viele z.B. noch eine Auto leisten, einen Fernseher, einen Fernsehabo, ein Handy, ein Handyabo, einen Computer mit einem Internetabo, dazu noch mindestens einmal pro Jahr Ferien. Dies bezeichnen wir als Lebensqualität. Dafür arbeiten wir fünf Tage pro Woche acht Stunden. Die die mehr verdienen kommen dabei selten auf die Idee, dass sie bei gleichbleibendem Standard weniger arbeiten müssten. Man denkt auch, dass man ja nur mehr verdient weil man eben auch mehr leistet, diesen Job gäbe es ja zum Beispiel nicht als 50% Job. Es gibt immer was zu kaufen… Das neue iPhone, dass wieder etwas kann wo wir bis jetzt gar nicht wussten, dass wir es unbedingt brauchen. Wir brauchen es auch nicht unbedingt, aber ‚it’s nice to have’…
Ok nun aber zum Punkt, ich will ja schliesslich nicht jammern, sondern das Konzept von Proportionalität dazu nützen um eine Hilfestellung und ein neues oder eher erweitertes Bewusstsein anzubieten. Sind wir uns bewusst zu welchen Preis? Ja nicht in Franken, sondern in Arbeitsstunden? Stunden unseres Lebens, die wir dafür investiert haben. Ich glaube nicht! Ein einfacher Rechner kann dazu programmiert werden, welcher ein neues Bewusstsein schaffen kann.
Beispiel 1:
Nettolohn, abzüglich Fixkosten von Krankenkasse, abzüglich Steuern und Lebenshaltungskosten wie Minimalkosten von Energiezufuhr in Form von Essen und Trinken, abzüglich Minimalkosten für Wohnen = Überschuss an Einkommen. Daraus folgt der Prozentsatz welchen wir theoretisch weniger arbeiten müssten wenn wir Nettolohn durch den Überschuss an Einkommen teilen.
Beispiel 2 (auf Basis von Beispiel 1):
Wir kaufen einen neuen Fernseher: Preis von Fernseher geteilt durch
Überschuss an Einkommen geteilt durch monatliche Arbeitsstunden (Normalfall 40-42 pro Woche multipliziert mit 4,3 Wochen pro Monat, bei 40 Stunden also 172 Stunden). Zur Veranschaulichung: Preis von Fernseher: CHF 3000.-
Überschuss an Einkommen: CHF 2000.-
Überschuss an Einkommen auf Arbeitsstunden aufgeteilt (CHF 2000.- / 172 Stunden): CHF 11.60
Kosten von Fernseher in Arbeitsstunden (CHF 3000.- / CHF 11.60): 258.6 Arbeitsstunden wurden investiert um diese Anschaffung zu tätigen.
Proportionalitätsfrage: Ist es uns 258.6 Arbeitsstunden wert diesen Fernseher zu besitzen? Oder anders: Wenn ich mir diesen Fernseher leisten will, arbeite ich 1.5 Monate dafür. Oder würde ich dafür lieber nur 90% arbeiten (12 Monate geteilt durch 1.5 = 8. 100% Arbeitszeit geteilt durch 8 = 12.5). Schon mal so beim Konsumieren nachgedacht?
Dies ist nur mal ein einfaches Beispiel wie ich mir Proportionalität als Werkzeug, in diesem Fall für ein bewussteres Konsumieren, vorstelle. Dies sind die Gedanken, die ich endlich weiterdenken kann, für die ich endlich Zeit habe, bei 35 Grad im Schatten mit einem Club Colombia 🙂